Junge Generation: Auslandsexkursion in die Ukraine

Berlin, 24.09.2018

Auslandsexkursion der Jungen Generation in die Ukraine

Die KTG Junge Generation reiste im Spätsommer dieses Jahres nach fünf Jahren erneut in die Ukraine. Dieses Mal stand neben dem Besuch des Sperrgebiets Tschernobyl auch eine Besichtigung des Energiekomplex Energie-Süd auf der Agenda.

Nach der Anreise per Flugzeug erwartete die Gruppe eine geführte Tagestour in das Sperrgebiet Tschernobyl. Mithilfe eines Guides ist es möglich, auch abseits der eingetretenen Pfade das Gelände zu erkunden. Tschernobyl scheint sich zu einer wahren Touristenattraktion entwickelt zu haben – allein auf dem Weg von Kiew in das gesperrte Gebiet, begegneten der Gruppe etwa 20 Kleinbusse mit demselben Fahrtziel.

Tschernobyl

Das Kernkraftwerk Wladimir Iljitsch Lenin (heute als Tschernobyl bekannt) lieferte von 1977 (Block 1) bis zum Jahr 2000 (Block 3) Strom für die Energieversorgung der UdSSR bzw. der Ukraine. Das Reaktorunglück von Block 4 ereignete sich am 26. April 1986 und führte zu einer beträchtlichen Freisetzung radioaktiver Spaltprodukte, was eine starke Belastung der Rettungsmannschaften und der Bevölkerung in der Umgebung Tschernobyls mit sich brachte. Ausführliche Informationen zum Unfall und seinen Folgen finden sich unter anderem in der DAtF-Broschüre „Der Reaktorunfall von Tschernobyl“. (Stand: 04.2011 – 2015 = unveränderter Druck)

Der Reisegruppe bot sich nach einem kurzen Mittagessen in Tschernobyl die Möglichkeit, einen kurzen Zwischenstopp in der Nähe der Bauruine des Blocks 5 einzulegen. Der Weiterbau des Reaktors vom Typ RBMK-1000 (baugleich mit dem verunfallten Block 4) wurde erst im Jahr 1988 eingestellt. Es war geplant, 12 Reaktoren dieses Typs am Standort zu errichten – so wäre Tschernobyl der leistungsstärkste Kernkraftwerkstandort weltweit geworden.

Der Besuch in der „Geisterstadt“ Prypjat stand unter dem Einfluss des guten Wetters, welches den schaurigen Erwartungen dann entgegenstand. Die zeitgleich herumspazierenden US-amerikanischen Touristen zerstreuten sodann den Eindruck eines von Menschen verlassenen Ortes.

Mit ausklingendem Tag boten sich kurze Möglichkeiten, die von zahllosen veröffentlichten Fotos bekannten und in vielen Fällen während der letzten 30 Jahre von Sensationsfotografen drapierten Szenen in Augenschein zu nehmen.

Besuch im Energiekomplex „Süd-Ukraine“

Der zweite Teil der Exkursion führte die Gruppe 360 km weit weg von Kiew zum Energiekomplex Süd-Ukraine, um dort neben einem Laufwasser- und Pumpspeicherkraftwerk auch drei Kernkraftwerke des Typs WWER-1000 zu besichtigen.

Als Besonderheit der drei Reaktoren des Kraftwerks Süd-Ukraine gilt, dass es sich um verschiedene Baureihen des Typs WWER 1000 handelt und keiner dem anderen gleicht. Der Bau des vierten Blocks wurde nicht vollendet, die Pläne für den Bau eines Fünften liegen derzeit auf Eis.

Eine Eigenheit mancher süd- und ost-europäischer Kraftwerke ist das Vorhandensein von Teichen als Wärmesenke für die Turbinenkondensatoren und gelegentlich, wie auch an diesem Standort, Sprühkühlteiche zur Nachwärmeabfuhr der Sicherheitssysteme.

Während des anderthalbtägigen Aufenthalts erfuhr die Reisegruppe sehr viel Freundlichkeit und Offenheit seitens der Kraftwerksmitarbeiter. Ihnen wurde zudem ausgesprochen viel Interesse entgegengebracht.

Nach der sechsstündigen Rückfahrt per Auto, durch die weiten südukrainischen Ebenen, klang der letzte Abend in Kiew gemütlich aus.

Ein ausführlicher Artikel zur Exkursion wird in der nächsten atw Ausgabe November/Dezember veröffentlicht. Dieser Reisebericht wurde in der atw - International Journal for Nuclear Power Ausgabe 10/2018 veröffentlicht.

Autoren: Helge Gottschling, Natalija Cobanov und Sebastian Hahn

Impressionen der Exkursion in die Ukraine

Bildergallerie Tschernobyl

Bild 1- 4

Ortschild von Tschernobyl: Etwa 1500 Menschen leben und arbeiten hier, im Hintergrund einer von etwa 20 Touristen-Kleinbussen, die der Reisegruppe auf dem Hinweg von Kiew begegnet sind.

Erinnerung an die aufgegebenen Ortschaften - Es leben (wieder) schätzungsweise einige tausend Menschen im Sperrgebiet

Makaber: Das Museum der fernbedienten Maschinen - erst nachdem diese wegen der starken Strahlung ausfielen, kamen die "Liquidatoren" als „menschliche Roboter“ zum Einsatz

 

Bild 5-8

Imposant: Bauruine Block 5 - Dieser Reaktor vom gleichen Typ RBMK-1000 wurde noch bis 1988 weitergebaut. Es war geplant, 12 Reaktoren dieses Typs am Standort zu errichten -  so wäre es der größte Kernkraftwerkstandort weltweit geworden. Alle Maschinen und Werkzeuge wurden vor Ort auf der Baustelle belassen.

Ehemaliges Stadtzentrum Prypjats: Eine Sowjetische Mustersiedlung erbaut für rund 40.000 Menschen, am Reißbrett geplant und: wenn die Menschen weg sind

Ehemaliges Stadtzentrum Prypjats

Prypjats Schwimmbad: Noch 12 Jahre nach dem Reaktorunglück in Betrieb, da die Stadt  von zahlreichen Arbeitern und Behördenvertretern bewohnt war.

 

Bild 9-12

Prypjats Krankenhaus, ein denkwürdiger Ort: Hier erlagen einige der Einsatzkräfte der „ersten Stunde“, die einer enorm hohen Dosisleistung ausgesetzt waren, ihrer strahleninduzierten Verletzungen.

Prypjats Vergnügungspark mit Riesenrad als beliebtes Fotomotiv: Der Park war nie in Betrieb, er sollte im Rahmen der Feierlichkeiten zum 1. Mai 1986 – 5 Tage nach dem Unglück – eröffnet werden.

Die Reisegruppe musste sich beeilen, um ein touristenfreies Foto schießen zu können. Im Rekordjahr 2017 reisten rund 50.000 Besucher aus aller Welt nach Tschernobyl.

Prypjats Kindergarten: Ein bei Sensationsfotografen sehr beliebter Ort. Über die Jahrzehnte wurden zahlreiche Motive inszeniert und drapiert. Die Gasmasken wurden dazu extra aus den Kellern geholt. Sie hatten nichts mit dem Reaktorunfall zu tun, sondern dienten dem Bevölkerungsschutz im Falle eines möglichen III. Weltkrieges mit atomaren Waffen und wurden in allen öffentlichen Gebäuden der UdSSR vorgehalten.

Nur im Vorbeifahren aus dem Wagen fotografiert: Der „rote Wald“. Dieses Waldstück unweit Prypjats wurde nur kurz durchfahren, die Ortsdosisleistung stieg im Wagen auf rund 60µSv/h. Hier ging 1986 ein größerer Teil an „fall-out“ nieder und die starke Strahlung ließ die Bäume absterben. Im Rahmen der Dekontaminationsaktivitäten wurde der Wald gerodet und die Biomasse begraben. Teile des Bodens wurden mit abgetragen, der Boden jedoch nicht komplett ausgetauscht. Heute wächst der Wald naturbelassen und es gibt keine Zutrittskontrolle, so dass Tiere sich dort frei bewegen können.

 

Bild 13-15

Denkmal für die verstorbenen „Liquidatoren“ – im Hintergrund der neue Sarkophag, der aufgrund der hohen Strahlung 300 m weit entfernt erbaut und 2016 über den Block 4 geschoben wurde. Der Bau des Sarkophags dauerte sieben Jahre und wurde von mehr als 40 Staaten finanziert.

Am Check-point außerhalb des Sperrgebiets gibt es neben kühlen Getränken allerlei Andenken zu kaufen, von Postkarten über  T-Shirts bis hin zu Dosimetern.

Beim Verlassen des Sperrgebiets werden Personen und Fahrzeuge freigemessen.

 

Bildergallerie Süd-Ukraine

Bild 16-20

Vor dem Kernkraftwerk „Süd-Ukraine“: Herzlicher Empfang und freundliche Betreuung während eines zweitägigen Besuchs. Das Kraftwerk ist einer von vier Standorten, ca. 360 km südlich von Kiew.

Vor dem Turbosatz von Block 3 – Es handelt sich um einen Druckwasserreaktor vom Typ WWER-1000 mit 1000MWel Bruttoleistung, 1x HD und 4x ND Turbine

Im Simulator des Blocks 3 – Errichtet in der Warte des nicht fertig gestellten Blocks 4 entspricht er modernen Standards. 

Abschlussrunde im Infozentrum „Süd-Ukraine“ – Vertreter der Jungen Generation im Kraftwerk im regen Austausch und mit Kamerabegleitung. Ein Videobericht des Besuchs der deutschen Kollegen ist mittlerweile online verfügbar. Zum Video

 

So sehen Kinder das Thema Kernkraft, Ausstellung des Bastelwettbewerbs im Infozentrum „Süd-Ukraine“

 

Video

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